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Auszug aus 110 Jahre Grieb-Villa in Straubing Historischer Verein für Straubing und Umgebung Jahresbericht 122/2020 
Dr. Philipp Grieb / Johann Hermann  

Die Werkstätten für Wohnungseinrichtung Straubing

Ein Papierheft, im Format 18,9x13,6 cm, geheftet, gedruckt in der Cl. Attenkofer’schen Buch- und Kunstdruckerei, Straubing als überraschender Fund bei einer Web-Recherche in einem Wiener Antiquariat durch Dr. Philipp Grieb liefert einen Beleg für das Engagement von Anton und Richard Grieb für eine neue Ästhetik im Handwerk, das wurde dem Stadtarchiv Straubing übergeben[1].

Der Prospekt wirbt für ein neues Unternehmen, die „Werkstätten für Wohnungseinrichtung Straubing, Anton Grieb & Sohn“, er enthält Entwürfe kompletter Einrichtungsgarnituren, vier Wohnzimmer, drei Schlafzimmer, einen Salon, eine Küche mit optionalen passenden Kleinmöbeln, Garderoben und Gartenmöbel. Die Bemerkungen am Ende des Katalogs zeigen, dass sich die beiden Unternehmer durchaus in der Rolle von Pionieren eines neuen Stils sehen, die zwar den Profit nicht in den Vordergrund stellen, aber neben gutem Stil auch geschäftlichen Erfolg anstreben:

„Die Werkstätten für Wohnungseinrichtung Straubing (sind) kein gewöhnliches Unternehmen, das lediglich Gewinn zur Absicht hat. Das Unternehmen wurde mit Beginn der neuen kunstgewerblichen Bewegung ins Leben gerufen, indem der Vorsitzende des hiesigen Dürervereins, Maler Anton Grieb, sich bemühte, hiesige Handwerksmeister im Sinne der neuen guten Stilbewegung zu beeinflussen und um sie zur gediegenen und geschmackvollen Erzeugung eines bürgerlichen Hausrates zu erziehen. Nach vielen Bemühungen und manchen unangenehmen Erfahrungen ist es nunmehr gelungen, sodass nunmehr 10 Betriebe für uns beschäftigt sind und die Handwerker der Stadt Straubing in gut moderner Produktion mit an der Spitze marschieren. Das Streben, dabei den Handwerkern günstige Arbeitsgelegenheit zu verschaffen, ist damit in Verbindung und praktische Durchführung gebracht. Gleichzeitig soll durch unser Unternehmen das kaufende Publikum mit nicht allzu teuren, aber soliden und gutgeformten Möbeln versorgt werden. Das Unternehmen ist nun folgendermaßen organisiert: Die Originalzeichnungen werden von dem Leiter und seinem Sohne – der künstlerisch gebildet ist – gefertigt und die Anfertigung wird von ihnen überwacht. Für diese Tätigkeit, Reklame und Korrespondenz wird auf die wirklichen Produktionskosten noch der Zuschlag von 10 Prozent in Anrechnung gebracht. Es werden nur ausgetrocknete Hölzer verarbeitet. Der Verkauf erfolgt ohne Zwischenhandel unmittelbar an die Abnehmer…“

Leider enthält das Dokument kein Datum der Drucklegung. Der Hinweis in den Bemerkungen auf den Vorsitzenden des Dürervereins hilft uns, den möglichen Zeitraum zumindest einzugrenzen: 1904-1914, die Zeit, in der Anton Grieb den Vorsitz im Dürerbund innehatte. Der weitere Hinweis auf den Sohn, „der künstlerisch gebildet ist“ deutet darauf hin, dass der Prospekt nach der Ausbildung Richards an der Debschitz-Schule 1908/09 publiziert wurde.

Die Beteiligung des Sohnes Richard, dem man erst nach dem Besuch der Debschitz-Schule und einiger Praxis im Entwurfszeichnen etwa ab 1910 diese gekonnten und kompletten Entwürfe von Möbelgarnituren zutrauen kann, lässt darauf schließen, dass das Projekt „Werkstätten für Wohnungseinrichtung Straubing, Anton Grieb & Sohn“ in den vier Jahren zwischen 1910 und 1914 seinen Anfang nahm.

Kleine handschriftliche Korrekturen und Anmerkungen wie „10% Ermäßigung“ lassen vermuten, dass das Heft vom Geschäftsinhaber persönlich an einen Interessenten übergeben wurde.

Ein Hinweis im Anschluss an die Verkaufsbedingungen zeigt, dass das  junge Unternehmen sich mit Wettbewerbern oder Nachahmern auseinandersetzen musste: „NB. Eine hiesige Firma hat sich nach uns den Namen ‚Straubinger Werkstätten für Wohnungseinrichtung‘ beigelegt: Wir erklären hiermit ausdrücklich, dass diese Firma und ihre Produktion mit uns und den Bestrebungen des Dürerbundes nichts gemein hat.“ 

[1] Grieb, Anton & Sohn, Werkstätten für Wohnungseinrichtung Straubing, Stadtarchiv Straubing